Über Bühnen-Backflips, „Lyrics, die nicht für jeden sind“ und die „Skeleton-Clique“.
 
Dass keiner die Zeit aufhalten kann und wir alle viel zu schnell erwachsen werden, wissen auch Joshua William Dun (kurz: Josh) und Tyler Robert Joseph aus Columbus, Ohio. Das ist nämlich Thema in ihrem Song „Stressed Out“. Wie schön es doch wäre, die Zeit zurückzudrehen, wieder unbeschwert wie ein kleines Kind zu sein, so sorgenfrei zu leben wie früher- darum geht es in dem 2015 erschienenen Lied, das sich schnell zu einem Hit und allseits bekannten Ohrwurm entwickelt hat. Kein Wunder- immerhin ist der Sound total mitreißend.
Die Mischung aus Duns Schlagzeug und Josephs einzigartiger Stimme plus den Text, mit dem viele von uns etwas anfangen können, machen das Lied nicht nur zu einem Hit, es hebt sich gleichzeitig etwas von der Masse der populären Musik ab. twenty øne piløts, kurz „tøp“, ist im Allgemeinen eine Band, die sich regelrecht vom Mainstream abkapselt. Die Bedeutung der immer von Tyler Joseph geschriebenen Texte, sowie das Logo ( |-/ ), und das Genre ihrer Musik lassen die beiden dabei bewusst unkommentiert. Jeder soll sich seine eigenen Gedanken über Lyrics und Co. machen und beim Interpretieren selbst aktiv werden.
Im Musikgeschäft findet man ihre beiden Studioalben „Vessel“ und „blurryface“ im „Indie“-Regal, trotzdem ist es schwer zu sagen, in welche Musik-Schublade man das Duo aus Nordamerika stecken könnte. Was man aber objektiv aufzählen kann, sind die Instrumente, die den Klang der Songs bestimmen. Denn obwohl jedes ihrer drei gemeinsam herausgebrachten Alben sich vom jeweils anderen abhebt, findet man immer wieder dieselben von Joseph und Dun beherrschten Instrumente auf. Neben Joshs Schlagzeug hört man vor allem Tylers Piano heraus, die Ukulele und elektronische Klänge (Synthesizer, ebenfalls Tyler Josephs Arbeit) finden sich aber auch in fast jedem Lied wieder. Natürlich liegt das Hauptaugenmerk auf dem mal schneller in Form von Rap und mal eher ruhiger vorgetragenen Gesang und der „Message“, die jeder einzelne Song uns überbringen möchte.
Und, was auch immer diese Musik ist, die die beiden machen, sie kommt an. Alles startete 2009 mit dem Debüt-Album „Twenty One Pilots“, auch bekannt als ihr „self-titled album“, bei dem jemand anderes als Joshua am Schlagzeug, sowie ein für das Keyboard und den E-Bass zuständiges weiteres Bandmitglied mitwirkte. Weiter ging es 2011 mit „Regional At Best“, nachdem ein heftiger Umschwung die Band komplett neu zusammen gesetzt hatte. Tylers College-Freunde Nick und Chris stiegen aus, Josh Dun kam neu dazu und aus der Band wurde somit ein Team aus zwei, anstatt drei Musikern. Besonders hierbei ist, dass sich Songs des selbst veröffentlichten Album von 2011 auf dem 2013 unter dem Label „Fueled By Ramen“ veröffentlichten Album „Vessel“ in Remake-Form wiederfinden. Beispiele hierfür sind die etwas bekannteren Lieder „Holding On To You“ und „Car Radio“, sowie die Konzert-Hymne des Duos, „Trees“. Dazu später mehr. In den Staaten jedenfalls war „Vessel“ ein voller Erfolg.
Mit „Blurryface“ gelang den beiden 2015 der weltweite Durchbruch, die internationale Fangemeinde, die „Clique“ oder auch „Skeleton-Clique“ wächst heutzutage stetig. Kein Wunder, denn Tyler Joseph und Josh Dun sind nicht nur sympathisch und energiegeladen, sowohl bei Shows, als auch in Interviews, sie achten auch auf einen guten Draht zur „Clique“. Sie fühlen sich ihren Fans verbunden, achten darauf, nicht unnahbar zu sein, geben viel über ihr Privatleben auf sozialen Netzwerken wie Instagram und Twitter preis, veranstalten „Clique Art Contests“, bei denen sie die kreativsten Fan-Arts küren und lassen sich ständig Neues einfallen. Sei es Stage-Diving, Crowd-Surfing oder sogar Backflips von der Bühne: Überall dort, wo twenty øne piløts auftreten, ist Action vorprogrammiert! Dabei hat sich über die Jahre eine Tradition entwickelt: Als letzter Song wird eigentlich immer „Trees“ gespielt, ein Lied, das seine Premiere auf „Regional At Best“ feierte. Das gäbe ihnen nochmal Energie, um dem Konzert mit diesem traditionellen Ende einen Abschluss zu geben, der in Erinnerung bleibt, so tøp in einem Interview. Auch nach dem Regen aus rotem und weißem Konfetti soll das Konzert Spuren in den Köpfen des Publikums hinterlassen, so wird es wohl auch bei der „Emøtiønal Røadshøw“ zugehen, der Welttournee, auf die sich die beiden US-Amerikaner 2016-2017 begeben.
Was sie von ihnen bekommen, geben die Mitglieder der „Skeleton-Clique“ auch an ihre Idole zurück. Ausverkaufte Hallen, kreative Bilder, Kekse, Fanvideos, zahlreiche Briefe und Geschichten an und über die beiden Jungs aus Columbus, Schilder mit der Aufschrift „We stayed alive før yøu!“ (Anspielung auf Track 12 von Vessel, „Truce“), das Logo, das als Handzeichen neu interpretiert in die Luft gehalten wird, eine eigene „Sprache“ (Wörter wie „Dunday“, „fren“ anstelle von Freund, etc) und und und. Es sollte niemanden wundern, warum Josh und Tyler „ihre Clique“ als „the best“ bezeichnen. Ihre Band habe in den kleinsten Orten gespielt. Und dass aus Turnhallen und ähnlichen Locations in Ohio mittlerweile riesige Hallen und Festivals auf der ganzen Welt geworden sind, sei allein der Clique zu verdanken, so Dun und Joseph in einem Video.
Es war übrigens der junge Tyler Joseph, der auf den eher ungewöhnlichen Namen „twenty øne piløts“ kam. Die Idee kam ihm im Zusammenhang mit einem Stück, das er in einem Theater-Kurs einüben musste. „All My Sons“ von Arthur Miller spielt im zweiten Weltkrieg. Der Bandname ist quasi den 21 Piloten gewidmet, die durch eine wissentlich falsche Entscheidung des Hauptcharakters im Drama umgekommen sind. Joseph betonte aber, dass es ihm viel mehr um das moralische Dilemma und die schweren Entscheidungen, die im Stück behandelt werden ginge, als um das tragische Schicksal 21 gefallener Piloten.
 
JL